Was ist, wenn wir nicht mehr da sind? – Die richtige Vorsorge für Kinder mit Behinderung

Menschen mit Behinderung sind in besonderem Maße auf die Hilfe ihrer Angehörigen angewiesen. Aber wer kümmert sich um ein behindertes Kind, wenn die Eltern versterben? Und vor allem: Wer sorgt dafür, dass es auch in Zukunft die Unterstützung, wie etwa Therapien, erhält, die notwendig sind, um es optimal zu fördern? 

Angehörige investieren nicht nur viel Zeit und Fürsorge in die Begleitung hilfebedürftiger Menschen, sie sorgen sich auch darum, wie die Fürsorge nach ihrem Tod weiter sichergestellt werden kann. „Unbekannt ist vielen Betroffenen dabei, dass es für solche Fälle bewährte rechtliche Gestaltungsmittel in der Nachlassplanung gibt“, weiß Martin Thelen, Pressesprecher der Bundesnotarkammer.

Eltern von Kindern mit Behinderungen haben häufig den Wunsch, ihrem Kind aus dem Nachlass etwas zukommen zu lassen, um dessen Lebensqualität über das Niveau staatlicher Fürsorgeleistungen hinaus zu verbessern. Insbesondere soll das Kind von der Erbschaft so viel wie möglich selbst behalten oder für besondere Therapien jenseits von Sozialleistungen einsetzen dürfen. Darüber hinaus soll oftmals in der Elterngeneration vorhandener Grundbesitz oder sonstiges Vermögen über die Generationen hinweg in der Familie verbleiben.

Um diese Zielvorstellungen umsetzen zu können, sollten sich Eltern behinderter Kinder unbedingt rechtlich beraten lassen. Sonst besteht das Risiko, dass die Zuwendungen über den sogenannten „Sozialhilferegress“ aufgezehrt werden oder Familienvermögen verwertet werden muss, ohne dass die Lebensstellung des Kindes über das Niveau der Sozialleistungen hinaus verbessert wird. Hintergrund ist, dass Menschen mit Behinderungen im Bedarfsfall oft Leistungen der Eingliederungshilfe und ggf. existenzsichernde Leistungen erhalten, etwa für ihre Unterkunft und ihren allgemeinen Lebensbedarf. Zum Wesen der Sozialhilfe gehört es, dass diese nachrangig gewährt wird. Der Sozialhilfeträger muss also erst dann Leistungen erbringen, wenn keine eigenen Finanzierungsmöglichkeiten (mehr) bestehen. Zuerst muss das eigene Einkommen und Vermögen des Kindes – ausgenommen das sogenannte Schonvermögen – eingesetzt werden. Hierzu gehört grundsätzlich auch geerbtes Vermögen, welches dann zunächst aufzubrauchen oder zu verwerten ist.

Das größtenteils im Jahr 2020 in Kraft getretene Bundesteilhabegesetz hat die Teilhabe und Selbstbestimmung der leistungsberechtigten Personen zwar verbessert. Der individuelle Beratungsbedarf für eine zielgerichtete Förderung des Kindes mit Behinderung besteht aber weiterhin fort. Thelen rät insoweit von der Abfassung eines herkömmlichen handschriftlichen Testaments ohne juristische Beratung ab: „Wenden die Eltern ihrem behinderten Kind etwas zu, muss das Kind das ererbte Vermögen später grundsätzlich für seinen eigenen Lebensunterhalt, d.h. insbesondere für seine Pflege einsetzen. Enterben sie dagegen ihr Kind, um das Vermögen dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen, steht dem Kind von Gesetzes wegen der Pflichtteilsanspruch zu, der immerhin die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt und im Regelfall nicht ausgeschlossen werden kann. Entscheidend aber ist: Der Sozialhilfeträger kann diesen Anspruch unter bestimmten Voraussetzungen auf sich überleiten und ihn anstelle des Kindes mit Behinderung geltend machen, ohne dass es auf den Willen des Kindes selbst oder seines Betreuers ankäme.“

Das Erbrecht stellt für solche Fälle eine Vielzahl dem Laien meist unbekannter Instrumente der Testamentsgestaltung zur Verfügung. Deren juristisch geschickte Kombination kann den Eltern von Kindern mit Behinderungen tatsächlich zu dem gewünschten Ergebnis verhelfen. Da hier jedoch viele Fallstricke lauern, die das gut Gemeinte leider oft in sein Gegenteil verkehren, ist es unerlässlich, für die Erstellung eines sogenannten „Behindertentestaments“ juristischen Rat einzuholen. Gerade die notarielle Beurkundung bietet hier Vorteile gegenüber dem handschriftlichen Testament. Sie macht im Regelfall nicht nur die Erteilung eines Erbscheins entbehrlich, sondern sichert darüber hinaus eine umfassende Beratung, eine fachgerechte Umsetzung Ihres individuellen Willens sowie eine rechtssichere und vorausschauende Gestaltung ab.

Weitere Pressemitteilungen des Medienverbunds zu allen Ratgeberthemen rund um das Notariat finden Sie im Presseportal des Medienverbunds der Notarkammern.

Weitere Artikel

Hausverwalter gesucht? – Was Wohnungseigentümer zu beachten haben

Die Bestellung eines Verwalters entlastet Wohnungseigentümer und schafft klare Zuständigkeiten. Doch welche konkreten Befugnisse hat der Verwalter? Wie wird er bestellt und wie wird er wieder abberufen? Und welche Rolle spielt er beim Verkauf einer Eigentumswohnung? Die Notarkammer Sachsen klärt über die rechtlichen Vorgaben auf. Schlüsselrolle in der Wohnungseigentümergemeinschaft Stellt

Vorteile notarieller Vollmachten – Notar berät und sorgt für eine rechtssichere Formulierung

Westfälische Notarkammer. Oft gehen Verbraucher davon aus, dass eine Vollmacht von einem Notar beglaubigt oder beurkundet werden muss, um gültig zu sein. Obwohl jedoch Vollmachten für viele Zwecke formfrei wirksam sind, bringt eine notariell beurkundete Vollmacht zahlreiche Vorteile mit sich. Handelt es sich um eine Vorsorgevollmacht, mit der für eine

Die elektronische Präsenzurkunde – Ein großer Schritt in Richtung des volldigitalen Notariats

Im Mai dieses Jahres wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung veröffentlicht. Nachdem bereits seit 2022 elektronische Niederschriften im Rahmen der notariellen Online-Verfahren errichtet werden können, soll es diese Möglichkeit künftig auch im Präsenzverfahren – also bei Anwesenheit der Beteiligten im Notarbüro – geben. Hierdurch lassen sich

Kontaktformular

Die eingegebenen Daten werden entsprechend der Datenschutzerklärung verarbeitet.

*Pflichtfeld

Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.

Mehr Informationen
Anschrift

Dr. Karsten Schwipps
Königstraße 11
01097 Dresden

(barrierefreier Zugang)

Öffnungszeiten

Mo – Do: 08:00 – 18:00 Uhr
Fr: 08:00 – 16:00 Uhr
sowie nach Vereinbarung

Telefon-Sprechzeiten

Mo – Do: 09.00 – 12 .00 Uhr
Mo, Di, Do: 14.00 – 18.00 Uhr
Fr: 09.00 – 13.00 Uhr

Skip to content